Heinrich Hertz: Als elektromagnetische Wellen die Welt veränderten | wissen.de (2024)

Im November 1888 wollten ein paar Studenten der Technischen Hochschule in Karlsruhe gerade das physikalische Laboratorium betreten, als sie die Tür verschlossen vorfanden. An ihr klebte ein kleiner Zettel, der die Vorlesungen der nächsten zwei Wochen für ausgefallen erklärte. Der Zettel stammte von dem 31-jährigen Hochschullehrer Heinrich Rudolf Hertz. Doch er war nicht etwa auf Dienstreise oder kurzfristig erkrankt, sondern gerade einem Phänomenauf der Spur, das zu einem physikalischen Meilenstein führen sollte.

Hertz arbeitete in den nächsten zwei Wochen unermüdlich, schlief und aß in dieser Zeit sogar kaum. Alles für den einen großen Moment: Am 29. November 1888, auf den Tag genau vor 135 Jahren, gelang es ihm als erstem Menschen, elektromagnetische Wellen nachzuweisen. Zuvor war deren Existenz zwar theoretisch von dem englischen Mathematiker James Maxwell vorhergesagt worden. Aber ihre Existenz per Experiment zu belegen, gelang erst Heinrich Hertz.

Ein unsichtbares Phantom

Doch was sind elektromagnetische Wellen überhaupt? Und warum war Hertz so besessen von ihnen? Unter elektromagnetischen Wellen versteht man die Schwingungen der elektromagnetischen Strahlung in elektrischen und magnetischen Feldern. Typischerweise stehen dabei die elektrischen Schwingungen senkrecht zu den magnetischen. Was abstrakt und alltagsfern klingt, begegnet uns in Wirklichkeit täglich. Denn auch Lichtstrahlen, wie die Sonne sie auf unsere Haut scheinen lässt, sind im Grunde nichts anderes als elektromagnetische Wellen.

Das Besondere an Lichtstrahlen ist jedoch, dass unser Auge an ihre Wellenlänge angepasst ist, wodurch wir sie sehen können. Andere elektromagnetische Wellen, wie sie heutzutage etwa ein Funkmast oder Smartphone erzeugt, sind für das menschliche Auge hingegen unsichtbar. Und da zur Zeit von Hertz noch nicht bekannt war, dass auch Licht aus elektromagnetischen Wellen besteht, galten diese als unsichtbares Phantom, dem man nur schwer auf die Schliche kommen konnte.

Funken in der Dunkelheit

Heinrich Hertz gelang es jedoch, dieses Phantom zu fangen, indem er elektrische Felder erzeugte und in der Nähe ihres Entstehungsortes einen geschlitzten Drahtring positionierte. Die Idee: Wenn elektromagnetische Strahlung frei wird, die durch den Raum wandert und auf den Drahtring trifft, müssten dort winzige Funken sprühen. Um diese beobachten zu können, dunkelte Hertz sein Labor komplett ab und baute außerdem ein Mikroskop am Drahtring auf. Und als er dann tatsächlich mikroskopisch kleine Funken sprühen sah, war klar, dass es die von Maxwell vorausgesagten elektromagnetischen Wellen wirklich gab.

Nach dieser Entdeckung forschte Hertz weiter, um mehr über das Verhalten der Wellen herauszufinden. Unter anderem lernte er, dass sie sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen und sich ebenso wie Licht brechen und reflektieren lassen. Damit hatte Hertz nicht nur einen riesigen Beitrag zur physikalischen Grundlagenforschung geleistet, sondern auch zur technologischen Evolution. Heute wissen wir, dass die elektromagnetische Strahlung eine enorme Bandbreite umfasst: von extrem kurzwelliger, energiereicher Gammastrahlung über Röntgen- und UV-Strahlung bis hin zu sichtbarem Licht und langwelligen Radiowellen. Alle beruhen aber auf derselben elektromagnetischen Grundkraft und werden von den gleichen Trägerteilchen übertragen, den Photonen.

Drahtlose Moderne eingeleitet

Als damals andere Forscher, darunter der Italiener Guglielmo Marconi, von der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen hörten, dachten sie darüber nach, solche Wellen zu nutzen, um mit ihnen weltweit Nachrichten zu übermitteln. Damals war das noch ausschließlich über Kabel möglich. Funksignale, mit denen man zwischen den Kontinenten telefonieren oder mit denen ein Schiff in Seenot eine Rettungsbotschaft hätte absenden können, gab es noch nicht.

Doch die nun nachgewiesenen elektromagnetischen Wellen änderten alles. Denn sie dringen selbst durch Wälder und Wände, über Seen, Ozeane und Berge. Im Jahr 1901 gelang es erstmals, ein Funksignal aus England bis ins 3.600 Kilometer entfernte Neufundland zu schicken. Der globale Funkverkehr war geboren. Und mit ihm zahlreiche technische Innovationen, darunter Radios, Fernseher, Handys und Mikrowellen.

Die Früchte seiner Arbeit bekam Heinrich Hertz allerdings nicht mehr mit. Er starb im Alter von gerade einmal 37 Jahren an einer Blutvergiftung. Immerhin wurde die Einheit, in der man die Frequenz der elektromagnetischen Strahlung misst, nach ihm benannt: Hertz (Hz).

Ist Elektrosmog gefährlich?

Da elektromagnetische Wellen für eine Vielzahl von technischen Geräten essenziell sind, gibt es sie in unserem modernen Leben praktisch überall. Neben WLAN-Routern, Smartphones und Co. strahlen auch so gut wie alle anderen elektronischen Geräte elektromagnetische Wellen ab. Je nach Anwendung unterscheidet sich diese Strahlung allerdings in ihrer Frequenz: Mikrowellengeräte nutzen sehr langwellige Strahlung, Mobilfunk findet im Gigahertzbereich statt.

Die Gesamtheit der im Alltag präsenten elektromagnetischen Felder wird auch „Elektrosmog“ genannt, und einige Menschen sorgen sich, dass dieser Smog sie krank machen könnte. Bislang gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Beweise dafür. „Elektromagnetische Felder gehören zur nichtionisierenden Strahlung. Bei dieser Strahlung reicht die Energie nicht aus, um Atome und Moleküle chemisch zu verändern. Die Energie ist zu gering, um beispielsweise unmittelbar an der Entstehung von Krebs beteiligt zu sein“, informieren etwa das Bundesamt für Strahlenschutz und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Die Energie der elektromagnetischen Felder kann maximal dazu führen, dass sich unser Körper lokal erwärmt, zum Beispiel wenn wir gerade das Handy zum Telefonieren ans Ohr halten. Lediglich Menschen mit Implantaten wie Herzschrittmachern sollten genauer darauf achten, wie sehr sie sich starken elektromagnetischen Feldern nähern, zum Beispiel Induktionsherden oder Sicherheitsscannern am Flughafen. Denn diese können im schlimmsten Fall die Funktion des Implantats stören.

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